Walsdorf, den 26.04.2016

Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Landesentwicklung
z. Hd. Herrn Staatssekretär
Mathias Samson
Kaiser-Friedrich-Ring 75

65185 Wiesbaden


Sehr geehrter Herr Samson,

dem Referentenentwurf des BVWP 2030 vom März 2016 ist zu entnehmen, dass die Ortsumgehung Bad Camberg kein eigenständiges Projekt ist, sondern ein Teilprojekt eines Gesamtprojekts, das die Projektnummer B8–G20–HE trägt und den Verlauf der B8 zwischen Limburg/Lindenholzhausen bis Bad Camberg zum Gegenstand hat.

Dies entspricht nicht der Beschreibung des Vorhabens des Neubaus der Ortsumgehung Bad Camberg mit den Ortsteilen Erbach und Würges in der allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß §6 UVPG, 1.1 Planerische Zielsetzung und Bedarf. Dort heißt es u. a.:

Um die Verkehrsverhältnisse und die Wohnqualität in dem Bade- und Luftkurort Bad Camberg zu verbessern, plant die Straßen- und Verkehrsverwaltung Hessen eine Ortsumgehung, die die genannten Stadtteile vom Durchgangsverkehr entlastet.“

Keine Entsprechung findet sich auch in der Bekanntmachung des Magistrats der Stadt Bad Camberg vom 11. Oktober 2013. Seite 1 dieser Bekanntmachung überreichen wir in der Anlage. In der Überschrift heißt es:

Planfeststellung für den Neubau der Ortsumgehung Bad Camberg mit den Stadtteilen Erbach und Würges im Zuge der Bundesstraße 8 von Str.-km 0,420 v. NK 5615 009 = Bau-km 0-005,00 bis Str.-km 0,083 v. NK 5715 064 = Bau-km 6+600 – in den Städten Bad Camberg und Idstein – 2. Planänderung“

Auch hier ist von einer Gesamtplanung – wie sie nun im Referentenentwurf dargestellt ist – nicht die Rede. In der Bekanntmachung vom 11. Oktober 2013 wird auf eine Einwendungsmöglichkeit hingewiesen und eine Einlegungsfrist für Einwendungen bekanntgemacht.

Von einem Hauptprojekt war weder bei Veranstaltungen während des Laufs der Einspruchsfrist von irgendeiner Seite die Rede. Bei Gesprächen mit Bundes-,

Landes- und Kommunalpolitikern wurde von niemandem darauf hingewiesen, dass die Ortsumgehung Bad Camberg ein Teilprojekt eines Gesamtprojekts sein soll.

Bei unserem Gespräch in Ihrem Ministerium am 13. Februar 2015 sowie auch bei Ihrer Veranstaltung vom 06. November 2015 in Bad Camberg wurde immer betont, dass die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens vorgelegte Planung notwendig sei, um die Ortsdurchfahrten von Bad Camberg, wenn auch in geringem Umfang, zu entlasten.

Es wurde unsererseits von Anfang an darauf hingewiesen, dass die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens vorgelegte Planung den Eindruck erweckt, dass hier nicht eine Ortsumgehung geplant wurde, sondern eine neue B 8 zur Entlastung der A 3. Diese unsere Auffassung wurde bisher von allen Seiten, also auch von Politikern und Behörden bestritten.

Nach Kenntnisnahme des Referentenentwurfs BVWP 2030 muss nunmehr zwingend angenommen werden, dass die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens vorgelegte Planung in erster Linie und nahezu ausschließlich die Entlastung der A3 zum Gegenstand hat und nicht das ausschließliche Ziel, wie es bisher erklärt wurde, für Bad Camberg eine Ortsumgehung zu schaffen.

Dies hat aber für das Planfeststellungsverfahren weitreichende Konsequenzen. Nach unserer Auffassung ist unter diesen Umständen ein Planfeststellungsbeschluss im Rahmen des anhängigen Planfeststellungsverfahrens nicht mehr möglich, wenn der BVWP entsprechend dem Referentenentwurf zustande kommt. In diesem Falle ist für die im Rahmen des anhängigen Planfeststellungsverfahrens durch den BVWP festgestellten Bedarf lediglich der Bedarf hinsichtlich des Gesamtplans festgestellt und nicht der Bedarf hinsichtlich des Teilprojekts B8–G20–HE-T03-HE.

Nach diesseitiger Auffassung kann das Gesamtprojekt nur im Rahmen eines Planungsverfahrens hinsichtlich des Gesamtprojekts bewertet und genehmigt werden. Hierzu ist bis jetzt niemand, der gesetzlich anhörungsberechtigt ist, gehört worden. Da dies nicht der Fall ist, widerspricht die nunmehr seitens des Ministeriums beabsichtigte Vorgehensweise rechtsstaatlichen Grundprinzipien.

Wenn der Bürger nur zu einer Ortsumgehung gehört wurde, so ist dies unzureichend, wenn es sich tatsächlich nur am Rande um eine Ortsumgehung handelt und in Wirklichkeit eine leistungsstärkere B8 für den Durchgangsverkehr geschaffen werden soll, die zu einer wesentlich höheren Verkehrsbelastung mit all den damit verbundenen Zusatzbelastungen (höherer Schadstoffausstoß, höhere Lärmbelästigung etc.) verbunden ist. Zu dieser Zusatzbelastung, die Folge
der Tatsache des Vorliegens eines Gesamtprojekts ist, ist noch kein Bürger gehört worden.

Abgesehen davon ist es nach wie vor völlig unverständlich, absurd und zynisch, wie nach wie vor ernsthaft die Behauptung aufgestellt werden kann, dass die Realisierung der beabsichtigten Planung, die zu einem höheren Schadstoffausstoß und zu einer höheren Lärmbelästigung im gesamten Goldenen Grund führen wird, für Bad Camberg als Luftkurort und Kneipheilbad zwingend erforderlich sein soll, wie es in der Anmeldung zu dem Projekt B8–G20–HE-T03-HE unter der Überschrift „Der Anmeldung zugrundegelegte Notwendigkeit“ heißt.

Fast alle Politiker reden gerne vom mündigen Bürger und beschweren sich über Politikverdrossenheit. Im vorliegenden Falle kann man nicht davon reden, dass die betroffenen Bürger als mündige Bürger behandelt werden und wurden. Niemand muss sich wundern, wenn die oben dargelegte Situation bei den betroffenen Bürgern zu weiterer Politikverdrossenheit führen würde.

Wenn eine leistungsfähigere Verbindung zwischen Limburg und Königstein unumgänglich sein sollte, dann muss man dies den Bürgern in den betroffenen Gemeinden deutlich sagen und den Bürgern eine Stellungnahme hierzu ermöglichen. Es sind dann auch weitere Maßnahmen hinsichtlich der Linienführung der Trasse und des Lärmschutzes nötig und zu beachten.

Es geht auch nicht, wie dies zum Beispiel in Würges der Fall ist, dass eine für einen schnelleren Durchgangsverkehr geplante B8 ohne jede planerische Notwendigkeit und ohne jeden Lärmschutz, wie jetzt beabsichtigt, lediglich in einer Entfernung von 200 m zur Ortsrandbebauung geführt wird und dies darüber hinaus, obwohl es ohne weiteres möglich wäre, unter Ausnutzung des vorhandenen Bahndammes die Straße hinter den Bahndamm zu legen.

Wir haben momentan den Eindruck, dass den Bürgern suggeriert wird, dass man mit den einzelnen Ortsumgehungen etwas Gutes für die Gemeinde tun will, aber der wahre Grund für die Art der geplanten Maßnahmen und die dadurch entstehenden katastrophalen Auswirkungen für die Bewohner der Gemeinden nicht kommuniziert wird, weil man sich bewusst geworden ist, dass die den Bürgern bis jetzt vorgelegte Planung allein als Umgehungsstraße bei geringer Entlastung der B 8 nicht genehmigungsfähig ist.

Wir bitten um Stellungnahme zu unserem heutigen Schreiben und stehen natürlich auch jederzeit  für Gespräche zur Verfügung.